Neues vom Unbewussten

Das Unbewusste hat es schwer. War das verdrängte Unbewusste zunächst bei Freud noch ein Teil des »weiteren Unbewussten«, erfasste Freud bald, dass es auch Material gibt, das gar nicht erinnert, sondern agiert wird. Es muss dann in der Übertragung bestimmt werden. Dann wurde es von seinem substantivischen Thron gestoßen, wurde in der zweiten Topik zum Adjektiv »unbewusst« degradiert. Dafür erweiterte sich seine Wirkstätte: Ich, Es, Über-Ich, überall unbewusste Dynamiken.

Nach Freud wurde es noch komplizierter. In der kleinianschen Psychologie drohte das Unbewusste in der unbewussten Phantasie zu verschwinden, bei den Ich-Psychologen wurde es fast nur noch im Ich verortet, mit Tendenz im tief Vorbewussten aufzugehen. Es kam noch schlimmer für das Unbewusste: In der intersubjektiven Psychologie löste es sich endgültig im Vorbewussten auf, beim späten Bion wurde es zum Unbekannten. Bei den Postbionianern wird es derzeit zur Vermählung mit den physikalischen Quanten gezwungen.

Doch es gab auch Differenzierungen und Diversifizierungen. Mit den Untersuchungen zur Psychosomatik, den Entdeckungen von breakdowns und nicht-existenten, autistoiden und unrepräsentierten Zuständen wie auch dem Gewahrwerden, dass Projektion und projektive Identifizierungen versagen können, wurden ihm neue Teilmengen zugeordnet: Das Unrepräsentierte scheint als ein Nicht-Verdrängtes ein Teil des Es, doch vom Verdrängten klar geschieden. Namenlose Zustände und breakdowns scheinen dagegen weder bewusste noch unbewusste Formen angenommen zu haben.

Die vorliegenden Arbeiten von Robinson, Caldwell, Schmid-Gloor, Schmidt-Hellerau, Angeloch, Bergstein und Saad versuchen diese Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu umkreisen, kommen zu neuen Erkenntnissen und – zum Glück – auch zu vielen neuen Fragen.

Das Forum ist Hermann Beland gewidmet, der im Dezember 2023 seinen 90. Geburtstag feierte. In den Beiträgen kommt sein vielfältiges Schaffen zum Ausdruck, seine Beschäftigung mit Fragen der Theologie, sein Engagement für Gruppen, seine wissenschaftlichen Leistungen und seine Leidenschaft für Kunst und Kultur.